Sonntag, 17. November 2013

Helau!

Irgendwo habe ich einmal gelesen, die meisten Menschen würden jemanden heiraten, der maximal hundert Kilometer von ihrem eigenen Geburtsort entfernt auf die Welt gekommen ist. 
Jetzt gehöre ich zwar nicht direkt zum fahrenden Volk- aber in meinem jungen Leben habe ich doch schon zu mehreren Gelegenheiten einige Kilometer zwischen mich und meinen Geburtsort gebracht. Inzwischen wohne ich zwar schon seit einigen Jahren wieder innerhalb des magischen 100-km-Zirkels, aber meine Chancen, zu den meisten Menschen zu gehören, sind vermutlich doch etwas geringer, als bei den meisten Menschen.
Auf der Internetplattform bekomme ich für jeden Mr. Could-be-Right auch eine ungefähre Angabe des Abstands, den wir geographisch zueinander haben, und die ersten zwei Ziffern seiner Postleitzahl mitgeliefert. Und kürzlich schrieb mir Zahnmedizinischer Fachangestellter, 26 Jahre, 105 Matchingpunkte, 185 cm, der aus meiner Geburtstadt, einer anerkannten Fastnachts-Hochburg, kommt- und jetzt nur unwesentlich davon entfernt wohnt. Laut seiner Aussage an der Bahnstrecke zwischen hier und dort, was er dann auch gleich für einen günstigen Wink des Schicksals hält. Naja.
Ich hoffe, ich wirke grundsätzlich glaubwürdig? Denn bevor ich weiterschreibe, muss ich noch einmal betonen (wie schon so einige Male zuvor), dass ich kein Snob bin und auch keinen Versorger suche. Aber: ich glaube daran, dass eine Beziehung eventuell besser funktioniert, wenn man sich in Ausbildung und Einkommen etwas näher ist, als es Zahnmedizinischer Fachangestellter und ich sind. Um es mal ganz wertneutral zu formulieren. Es ergibt sich so deutlich weniger Konfliktpotential, und es dürfte ja bereits deutlich geworden sein, dass ich ein konfliktscheuer Nicht-Snob bin.
Nach meinem letzten Post wurde ich verschiedentlich darauf angesprochen, ob ich nicht ein wenig kleinlich gegenüber dem armen Pädagogen gewesen wäre? (Nein!) Daher lege ich besonderen Wert auf das Ende dieser Geschichte: Denn Zahnmedizinischer Fachangestellter klang so nett und hat wirklich witzig geschrieben- da habe ich ihm dann selbstverständlich trotzdem geantwortet. Ich bin ja da gar nicht so, habe ja schließlich auch schon ganz anderen Idioten geantwortet (was jetzt nicht heißen soll, dass ich den Zahnmedizinsichen Fachangestellten in die Idiotenkategorie zähle). Der Kontakt ist aber dann abgebrochen, soll heißen: Zahnmedizinischer Fachangestellter hat mir nicht mehr geantwortet. Und dafür musste ich nicht mal die Geschwister-Karte spielen- ich habe ihm nur ganz wertneutral anvertraut, dass ich kein besonderer Fastnachter bin. 
So schnell kann's offenbar gehen. 

Donnerstag, 14. November 2013

Ein Prosit der Bequemlichkeit

Die Internetplattform ist überall- man kann sie nämlich nicht nur ganz old-fashioned über die Website erreichen- nein! Man kann sie sich auch als App herunterladen, dann bekommt man alle Nachrichten sofort aufs Handy. Oder auch nicht, wenn man nämlich keine Nachrichten erhält. Oder wenn die App mal klemmt, was auch das eine oder andere Mal vorkommt. Und wenn man einfach mal ein paar Tage nicht auf die Internet-Seite geht und vielleicht die App gerade klemmt- dann kann einem die Plattform immer noch entgegengrinsen, wenn man versehentlich einmal nach seinen Emails schaut. Ehrlich wahr und nicht erfunden: die Partnerbörse verschickt mehr Spam-Mails als jede Penis-Vergrößerungs-Klinik!
Jedesmal, wenn ich eine Nachricht erhalte, geht gleichzeitig eine Email an mich raus. Jedesmal, wenn jemand sich mein Profil ansieht, geht eine Email an mich raus. Und jedes Mal, wenn morgens die Sonne aufgeht und ein Blatt von einem Baum segelt geht auch eine Email an mich raus. Und damit zwischendurch mein Postfach nicht so leer wird, bekomme ich auch noch ein bis zwei Mal in der Woche Emails, die solche schönen Betreffzeilen tragen wie "Dürfen wir Sie einander vorstellen?" oder "Sie beide sollten sich unbedingt kennenlernen!". Wie man sich fast denken kann, wird mir in jeder dieser Email ein potentieller Kandidat ans Herz gelegt- und die Plattform tut was für ihr Geld! Gleichzeitig erhält der potentielle Kandidat auch eine Mail, in der ich ihm vorgestellt werde! Ich muss also nicht mal mehr selbst die Profile durchstöbern, sogar das wird mir durch die Partnerbörse abgenommen.
Ich muss an dieser Stelle gestehen: ich habe bei meiner Registrierung dort selbstverständlich nicht meine "richtige" Email-Adresse angegeben- sondern meine Spam-Adresse. Wer hat so eine Zweit-Adresse heutzutage schließlich nicht? Und wer guckt sich die Emails dort öfter als einmal im Monat (wenn überhaupt) an? Ich jedenfalls nicht. Und deshalb ist dieser Service an mich total verschwendet.
Andere sind da aber nicht so nachlässig wie ich und so erreichte mich die Nachricht von Pädagoge, 32, 202 cm, 103 Matchingpunkte, dem ich per Email vorgestellt wurde (und er mir, wie ich einige Wochen später merkte). Und was für eine Nachricht! Ewig lang, durchkomponiert, auf die Details meines Profils eingehend, total sympathisch. Und das bei 202 cm. Lieber Leser, denkst du jetzt, an dieser Stelle könnte ich meine Suche beenden und diesen Blog hier stilllegen, da ich ja Mr. Right offenbar gefunden habe? Weit gefehlt, leider. Da gibt es nämlich zwei klitzekleine Haken.
Der erste Haken: Pädagoge schreibt mir, er würde Hermann Hesse mögen- und ich ertrage Hermann Hesse nicht. Vielleicht bin ich ja zu blöd für Hesse? Jedenfalls habe ich immer das Gefühl, ich könnte die Bücher nicht verstehen, solange ich nicht weiß, welche Drogen Hesse konsumiert hat, als er sie schrieb. Jetzt hält man mich vermutlich für übertrieben heikel und pütscherig. Daher hier der zweite Haken: Pädagoge hat einen fünfjährigen Sohn. So. Ich bin ja wirklich kinderlieb und alles. Ich möchte ja auch (später) selbst gerne Kinder haben (also: eigene). Aber sollte man sich wirklich wissentlich und willentlich auf eine Situation einlassen, die bergeweise Potential für Ärger und Streit mit sich bringt? Der Kleine findet mich doof, seine Mutter kann mich nicht riechen, Pädagoge findet, ich bin nicht nett genug zu dem Zwerg? Müsste natürlich alles nicht so kommen. Könnte alles total unproblematisch und goldenes-Zeitalter-mäßig sein. Könnte auch sein, dass ich nach zwei weiteren Nachrichten entdecke, dass Pädagoge doch nicht so toll ist und damit hat sich die Sache. Oder er entdeckt, dass ich den Aufwand einer so langen und netten Nachricht nicht wert war. Aber: Sollte ich das wirklich herausfinden wollen?
Ich glaube nicht. Ich bin ein sehr bequemer Mensch. Ich mache mir mein Leben nicht gerne unnötig schwer. Und lasse die Nachricht von Pädagoge unbeantwortet.

Mittwoch, 13. November 2013

Oops, I did it..... finally!

Lieber Leser, an dieser Stelle muss ich mich etwas in  "self disclosure" üben, denn nur so wird die folgende Episode verständlich: ich habe sieben jüngere Geschwister. Punkt. Wenn man das im echten Leben jemandem erzählt, ist die Reaktion meistens eine gewisse Faszination, hinter der die Vermutung steht, dass es bei uns zu Hause zugeht, wie in einer lustigen amerikanischen Sitcom über eine kinderreiche Familie: "Da ist wohl bei euch immer was los?" 
Wenn man das auf der Internetplattform jemandem erzählt, ist die Reaktion meistens: man hört nie wieder etwas von demjenigen, dem man es erzählt hat. 
Vor einiger Zeit habe ich mir mit einem 29jährigen Studenten geschrieben, der relativ nett wirkte und relativ in der Nähe wohnte. Folgerichtig sollte sich daraus der ERSTE!!!! Real-life-Kontakt in meiner Internet-Plattforms-Karriere ergeben. Student schlug einen Termin vor- und ich hatte da leider keine Zeit und als höflicher Mensch habe ich auch eine Begründung mitgeliefert: meine Mutter und meine jüngsten Geschwister sind da zu Besuch.  Es folgte die Gegefrage des Studenten: wie viele Geschwister hast du denn? Was von mir ehrlich beantwortet wurde. Und hier könnte ich bereits am Ende der Geschichte angekommen sein, denn von Student habe ich nie wieder gehört, ABER.......... mir langt's! Das ist nicht das erste Mal gewesen, dass ich auf die ehrlich beantwortete Frage "Wie viele Geschwister hast du denn?" nie wieder etwas höre. Gehört es etwa zum Wesen einer Traumfrau, dass sie vollverwaistes Einzelkind ist? Oder stehe ich als Mitglied einer kinderreichen Familie unter dem Generalverdacht, eine religiöse Fanatikerin oder ersatzweise asozial zu sein? (Und wenn ich eins von beidem wäre: wie raffiniert von mir, das in den vorangegangenen Nachrichten so gut zu verbergen!) Oder etwa: impliziert das bei meinem virtuellen Gegenüber automatisch den Verdacht, ich wollte mir selbst bei nächster sich bietender Gelegenheit fünf bis zehn Kinder zulegen und wäre auf der Suche nach einem Kindsvater? Es ist mir unerklärlich. Weder ein wochenlanger vorangegangener Kontakt voller Normalität, Friede, Freude und Eierkuchen noch die ehrliche Angabe von Studium, Beruf und wöchentlicher Arbeitszeit, die ganz unproblematisch eine Vorstellung davon transportieren dürften, dass ich an meiner Karriere hänge, sind offenbar eine ausreichende Versicherung für die Herren der Schöpfung, dass ich etwas anderes suche, als einen Versorger. 
Mit Fug und Recht kann man da behaupten, dass ich ohne so einen Idioten ohnehin besser dran bin (und das kann ich nicht nur, ich tu's auch!).  Aber: es ärgert mich dennoch maßlos. Und deshalb musste Student jetzt dran glauben: zum ersten Mal seitdem ich dort Mitglied bin, habe ich das schärfste Schwert verwendet, dass die Internet-Plattform für mich geschmiedet hat und habe die zweiwöchige Funkstille mit einer Email beantwortet, die den schönen Betreff trägt: "Ich habe den Eindruck gewonnen, dass wir nicht wirklich zusammenpassen..." Und damit die Message auch ankommt, habe ich nähere Ausführungen folgen lassen:

Lieber Student,
stell dir vor: dass mir jemand nie wieder zurückschreibt, nachdem er gehört hat, wie viele Geschwister ich habe, habe ich jetzt ein paar Mal erlebt und es ärgert mich maßlos.
Meine Familie besteht nicht aus Spinnern, Hippies oder religiösen Fanatikern. Mich selbst würde ich auch in keine dieser Kategorien einordnen. Ich habe studiert und arbeite jetzt 60 bis 70 Stunden die Woche und das ganz sicher nicht, um mir bei nächster sich bietender Gelegenheit auch acht Kinder zuzulegen, dann hätte ich mir den ganzen Karriereärger nämlich sparen können.
Ich drück dir die Daumen, dass du hier noch ein nettes Einzelkind geschiedener Eltern findest, möglichst ohne Cousins und Cousinen und mit nur einer 97jährigen Großmutter, die am anderen Ende des Landes lebt.
Bina


So. Schade nur, dass ich niemals erfahren werde, was Student darauf scharfsinniges zu antworten hat, denn er kann mich ja jetzt nicht mehr kontaktieren.

P.S.: Ich möchte schon irgendwann mal Kinder haben. Aber nicht jetzt. Und nicht acht. Und wenn es irgendwie möglich ist, sollte der Vater meiner Kinder kein Idiot sein.