Donnerstag, 14. November 2013

Ein Prosit der Bequemlichkeit

Die Internetplattform ist überall- man kann sie nämlich nicht nur ganz old-fashioned über die Website erreichen- nein! Man kann sie sich auch als App herunterladen, dann bekommt man alle Nachrichten sofort aufs Handy. Oder auch nicht, wenn man nämlich keine Nachrichten erhält. Oder wenn die App mal klemmt, was auch das eine oder andere Mal vorkommt. Und wenn man einfach mal ein paar Tage nicht auf die Internet-Seite geht und vielleicht die App gerade klemmt- dann kann einem die Plattform immer noch entgegengrinsen, wenn man versehentlich einmal nach seinen Emails schaut. Ehrlich wahr und nicht erfunden: die Partnerbörse verschickt mehr Spam-Mails als jede Penis-Vergrößerungs-Klinik!
Jedesmal, wenn ich eine Nachricht erhalte, geht gleichzeitig eine Email an mich raus. Jedesmal, wenn jemand sich mein Profil ansieht, geht eine Email an mich raus. Und jedes Mal, wenn morgens die Sonne aufgeht und ein Blatt von einem Baum segelt geht auch eine Email an mich raus. Und damit zwischendurch mein Postfach nicht so leer wird, bekomme ich auch noch ein bis zwei Mal in der Woche Emails, die solche schönen Betreffzeilen tragen wie "Dürfen wir Sie einander vorstellen?" oder "Sie beide sollten sich unbedingt kennenlernen!". Wie man sich fast denken kann, wird mir in jeder dieser Email ein potentieller Kandidat ans Herz gelegt- und die Plattform tut was für ihr Geld! Gleichzeitig erhält der potentielle Kandidat auch eine Mail, in der ich ihm vorgestellt werde! Ich muss also nicht mal mehr selbst die Profile durchstöbern, sogar das wird mir durch die Partnerbörse abgenommen.
Ich muss an dieser Stelle gestehen: ich habe bei meiner Registrierung dort selbstverständlich nicht meine "richtige" Email-Adresse angegeben- sondern meine Spam-Adresse. Wer hat so eine Zweit-Adresse heutzutage schließlich nicht? Und wer guckt sich die Emails dort öfter als einmal im Monat (wenn überhaupt) an? Ich jedenfalls nicht. Und deshalb ist dieser Service an mich total verschwendet.
Andere sind da aber nicht so nachlässig wie ich und so erreichte mich die Nachricht von Pädagoge, 32, 202 cm, 103 Matchingpunkte, dem ich per Email vorgestellt wurde (und er mir, wie ich einige Wochen später merkte). Und was für eine Nachricht! Ewig lang, durchkomponiert, auf die Details meines Profils eingehend, total sympathisch. Und das bei 202 cm. Lieber Leser, denkst du jetzt, an dieser Stelle könnte ich meine Suche beenden und diesen Blog hier stilllegen, da ich ja Mr. Right offenbar gefunden habe? Weit gefehlt, leider. Da gibt es nämlich zwei klitzekleine Haken.
Der erste Haken: Pädagoge schreibt mir, er würde Hermann Hesse mögen- und ich ertrage Hermann Hesse nicht. Vielleicht bin ich ja zu blöd für Hesse? Jedenfalls habe ich immer das Gefühl, ich könnte die Bücher nicht verstehen, solange ich nicht weiß, welche Drogen Hesse konsumiert hat, als er sie schrieb. Jetzt hält man mich vermutlich für übertrieben heikel und pütscherig. Daher hier der zweite Haken: Pädagoge hat einen fünfjährigen Sohn. So. Ich bin ja wirklich kinderlieb und alles. Ich möchte ja auch (später) selbst gerne Kinder haben (also: eigene). Aber sollte man sich wirklich wissentlich und willentlich auf eine Situation einlassen, die bergeweise Potential für Ärger und Streit mit sich bringt? Der Kleine findet mich doof, seine Mutter kann mich nicht riechen, Pädagoge findet, ich bin nicht nett genug zu dem Zwerg? Müsste natürlich alles nicht so kommen. Könnte alles total unproblematisch und goldenes-Zeitalter-mäßig sein. Könnte auch sein, dass ich nach zwei weiteren Nachrichten entdecke, dass Pädagoge doch nicht so toll ist und damit hat sich die Sache. Oder er entdeckt, dass ich den Aufwand einer so langen und netten Nachricht nicht wert war. Aber: Sollte ich das wirklich herausfinden wollen?
Ich glaube nicht. Ich bin ein sehr bequemer Mensch. Ich mache mir mein Leben nicht gerne unnötig schwer. Und lasse die Nachricht von Pädagoge unbeantwortet.

1 Kommentar:

  1. Versuch macht kluch... Vielleicht wollte er mit Hesse ja nur beeindrucken und steht im wirklichen Leben auf Western-Groschenheftchen?

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