Samstag, 26. Oktober 2013

Strahlemann

In-der-Medizintechnikbranche-arbeitender, 36, schreibt mir. Er sieht ein bisschen aus, wie eine Gottesanbeterin mit Geheimratsecken, Matchingpunkte: 103. Den Namen verrät er mir auch: ich will ja hier meine Männer nicht ganz und gar entblößen, darum behalte ich den für mich, nur so viel: für den eigenen Namen kann man ja nichts, den kriegt man von den Eltern. 
Auf seinem Profilbild steht In-der-Medizintechnikbranche-arbeitender strahlend im Anzug neben einem Computerbildschirm, welcher einen Bestrahlungsplan zeigt. Ich nehme mal an, das Foto wurde für den Prospekt einer Firma aus der Medizintechnikbranche aufgenommen.
In-der-Medizintechnikbranche-arbeitender (im weiteren kurz Indianer genannt) findet mein Profil nett. Und ich finde nett, dass er mein Profil nett findet (und ja, sein Profil ist auch ganz nett). Ich frage ihn also mal konkret nach dem Bestrahlungsplan auf seinem Profilbild (ich mache nämlich beruflich sowas in der Art) und bekomme als Antwort:

"Hallo Bina,
lieben Dank für Deine Nachricht! Ich habe mich sehr gefreut.
Bisher hat noch niemand so detailliert auf mein Foto Bezug genommen ;-) Damit hast Du mich sehr überrascht. Arbeitest Du vielleicht auch in der Strahlentherapie? Ich bin eigentlich Informatiker und arbeite als Softwareentwickler in einer Firma, die sich mit medizinischer Bildverarbeitung, aber vor allem Software für die Strahlentherapie beschäftigt. 
Du gehst auch immer wieder gerne ins Theater oder in Konzerte hast Du geschrieben?
Ich wünsche Dir eine gute neue Woche und würde mich sehr freuen, wenn wir weiter in Kontakt bleiben könnten!
Liebe Grüße
Indianer"

Jaaaaaaaaaaaaaaa, endlich mal einer, der es gut findet, dass ich langweilig bin! Jawoll, ich gehe gerne ins Theater und auch in Konzerte. Und berufliche Überschneidungen haben wir auch, da hätte man zumindest ein Thema, mit dem man peinliche Gesprächspausen überbrücken könnte. 
Also schreibe ich ganz lieb zurück, dass wir in der Tat auf verwandten Gebieten arbeiten- und höre nie wieder was von Indianer, der sich doch angeblich so gefreut hat, von mir zu hören, und der so unheimlich gerne mit mir in Kontakt bleiben möchte.

Das hat mich sehr beschäftigt, ich habe auch intensiv darüber nachgedacht. Und ich habe die Lösung gefunden: Indianer arbeitet gar nicht in der Medizintechnikbranche! Er ist Model und wird von Medizintechnikfirmen gebucht, wenn ein seriös aussehender Typ gebraucht wird, der auf einem Foto neben einem Bestrahlungsplan stehen und Begeisterung ausstrahlen soll.  Und jetzt hat er natürlich Angst, ich könnte ihm auf die Schliche kommen.
Na, mit so einem will ich ohnehin nichts zu tun haben.

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